– eine kritische Rassebeschreibung –

Vorwort
Wann immer man auf der Suche nach Infos zu einer Rasse ist, stößt man im Internet häufig auf allgemein gehaltene Rassebeschreibungen, die die Vorzüge einer Rasse in den Mittelpunkt stellen und sich eher selten kritisch mit bestimmtem Problemen befassen. So kann es teilweise passieren, dass man die Rassebeschreibungen zweier völlig unterschiedlicher Rassen nebeneinander legen kann und daraus kaum wirklich zu erkennen ist, welche Beschreibung zu welcher Rasse gehört. Der Informationsgehalt solch oberflächlich gehaltener Texte ist wohl eher als mäßig zu bezeichnen.

Wenn mich Leute ohne Sheltieerfahrung fragen „wie Shelties denn so sind“, dann muss ich zugeben, dass diese Frage in Anbetracht der großen Unterschiede innerhalb der Rasse selbst manchmal gar nicht so einfach zu beantworten ist. Als Rasseliebhaber ist man sowieso geneigt mit einer gewissen „Betriebsblindheit“ an das Thema heranzugehen. Als Sheltiehalter kann auch ich mich davon nicht gänzlich freimachen 😉 Ich habe jedoch versucht in diesem Artikel einmal objektiv bestimmte Wesenszüge anhand häufig gehörter Vorurteile und Liebesbekundigungen aufzudröseln, ohne rosarote Brille.

Der Sheltie kurz in eigenen Worten
Der Sheltie ist insgesamt mit einem Adjektiv zu beschreiben: unkompliziert. Shelties haben einen Hang zur Harmonie, orientieren sich sehr am Menschen bzw. ihrer Bezugsperson und sind unter den Hunden insgesamt sehr höfliche Vertreter ihrer Art. Wenn es möglich ist, gehen sie Ärger lieber aus dem Weg. Gegenüber anderer Hunderassen können Shelties tatsächlich kleine „Rassisten“ sein, was bedeutet, dass sie lieber mit anderen Shelties oder ähnlich gestrickten Hütehunden spielen und kommunizieren. Zu aufdringliches Verhalten distanzloser „Tutnixe“ stößt bei Shelties auf große Empörung. Shelties sind in der Regel aktiv und fröhlich – sie lassen sich daher meist gut zur Zusammenarbeit motivieren. Was Ihnen manchmal im Weg steht ist ihre Neigung zur Rastlosigkeit, die manchmal auch in regelrechte Hysterie umschlagen kann. Ruhe zu halten ist nicht unbedingt des Shelties größte Stärke – wobei es auch hier sehr große Unterschiede innerhalb der Rasse gibt und ein Teil davon auch Erziehungssache ist. Viele Shelties neigen zu Kontrollzwang und lassen ihre Menschen nicht mal alleine aufs Klo gehen. Ihnen haftet oft eine gewisse Unselbständigkeit an, sie treffen nur ungerne Entscheidungen alleine – manchmal könnte man meinen, dass ihnen das Selbstvertrauen oder der Mut für manche Dinge fehlt. Defizite diesbezüglich werden dafür im Gegenzug mit exorbitanter Lautstärke kompensiert (böse Zungen sagen auch: große Fresse, nix dahinter!) 😉

„Der Sheltie ist der ideale Anfängerhund“
Durch seine unkomplizierte und anpassungsfähige Art halte ich den Sheltie tatsächlich für ein „gutes Anfängermodell“.

 

„Ein Sheltie erzieht sich von alleine“
Ein Sheltie ist tatsächlich nicht schwer zu erziehen – das heißt natürlich nicht, dass man ihn einfach machen lassen kann was er will (okay, bei manchen wenigen vielleicht schon) – aber durch sein hohes Maß an „will to please“ ist es vergleichbar einfach ihn zu einem unkomplizierten Begleiter zu formen, der im Alltag gut mitläuft ohne ernsthafte Probleme zu bereiten. Manche Shelties kommen scheinbar brav auf die Welt 😉 Andere brauchen eine konsequentere Linie (besonders pubertäre Rüden) – aber die wenigsten sind wirklich Härtefälle, sondern benötigen einfach nur etwas mehr Struktur. Das wirklich größte Problem in der Sheltieerziehung ist ihre charmante Art, mit der man ihnen schnell mal was durchgehen lässt, was bei Hunden in einer anderen Größenordnung definitiv nicht „drin“ wäre. Das Schöne: es ist halt ein Sheltie und wenn sie frech sind, sind sie immer noch sehr süß und höflich dabei.

„Ein Sheltie jagt nicht“
Das kann man so nicht sagen. Shelties reagieren sehr stark auf Bewegungsreize (Hütehund!) und viele haben Gefallen am Hetzen. Es gibt einige Shelties, die niemals jagen würden und sich für Wild nicht die Bohne inreressieren, andere hingegen zeigen diesbezüglich doch großes Interesse und der ein oder andere musste auch schon kurzweilig mal an die Schleppleine. Die Erfahrung aus dem Leben zeigt aber, dass so gut wie jeder Sheltie problemlos freilaufen kann – manchmal muss etwas Training investiert werden.

Kaami interessiert sich absolut gar nicht für Wild. Mila und Lyra hatten dagegen in ihrer Sturm- und Drangzeit den ein oder anderen Jagdausflug, konnten aber mit sehr wenig Aufwand dahin gebracht werden, dass sie nun Hasen in wenigen Metern Entfernung sichten ohne durchzustarten. Ein „nein“ genügt um jede Jagdhandlung im Ansatz zu unterbinden. Shelties gehen nicht  wirklich stöbern, sondern jagen eher auf Sicht – daher ist vorausschauendes Handling meist der Schlüssel zum Erfolg.

„Oh, der muss bestimmt viel beschäftigt werden“
Als Vollbluthundesportler würde ich natürlich niemals behaupten, dass Shelties keine geistige und körperliche Auslastung benötigen – aber hier wird häufig das Verhältnis von passender Beschäftigung zur Ruhe maßlos überschätzt. Ein Sheltie braucht weder einen Wochenstundenplan, noch muss er am Tag 10km laufen, damit er glücklich ist. Im Gegenteil. Shelties machen meist jeden Mist mit, sind aber auch mit Ruhetagen durchaus zufrieden. Nicht vergessen darf man auch, dass viele Verhaltensweisen anerzogen sind. Ein ohnehin schon quirliger Sheltie mit Hang zur Hysterie wird durch ein straffes Beschäftigungsprogramm garantiert nicht ruhiger!

Dazu möchte ich anmerken, dass ich keineswegs den Ansatz „im ersten Jahr hat der Hund nur Ruhe zu lernen“ vertrete. Ein junger Hund soll und darf gefördert werden – insbesondere beim Sheltie kann man SEHR viel verpassen, wenn man hier zu spät anfängt. Aber im richtigen Maß. Dazu werde ich an anderer Stelle noch mehr schreiben.


„Shelties sind sozialverträglich“
Die meisten Shelties sind untereinander sehr sozial und hegen wenig Artgenossenaggression. Sheltietreffen mit mehr als 50 Shelties auf einem Platz? Kein Problem. Das gleiche Szenario mit Deutschen Schäferhunden? Unvorstellbar! Also ja, Shelties sind tatsächlich recht unproblematisch mit Artgenossen. Trotzdem sind sie keine klassischen „Hundewiesenhunde“ 😉 Die meisten Shelties bevorzugen einen höflichen und gepflegten Umgang miteinander. Mit großen rüpeligen Hunden werden sie selten warm und besonders unsichere Shelties (auch zu diesem Thema später mehr) neigen manchmal zu panikartigen Anfällen, wildem Gekeife und einer gewissen Hilflosigkeit, wenn man sie mit aufdringlichen Hunden konfrontiert. Manche Shelties werden durch ihre übertriebene Reaktionen schnell zum „Jagdobjekt“ und es kann mitunter gefährlich werden.
Auch wir können bestätigen, dass viele Shelties „Rassisten“ sind und die Gesellschaft anderer Shelties bevorzugen. Mit guten Hundefreunden spielen Shelties auch gerne mal körperbetont, doch am liebsten mögen sie flotte Rennspiele.

„Der Sheltie ist ein Hütehund und muss an die Schafe“
Großer Blödsinn. Shelties brauchen keine Schafe (oder arme Laufgänse). Ich wage sogar zu behaupten, dass es nur wirklich sehr, sehr wenig Shelties gibt, die das nötige Talent für diese Arbeit mitbringen. Es gibt durchaus bessere Rassen für die Hütearbeit und durchaus bessere alternative Beschäftigungsmöglichkeiten um einen Sheltie glücklich zu machen. Der Sinn von „hobbymäßigen Schafeschubsen“ erschließt sich mir nicht, und warum ich meine kläffenden Shelties auf panische Schafe loslassen sollte erst recht nicht. Schafe sind keine Sportgeräte!

„Shelties sind Kläffer“
Ja. Sind sie. Ich würde gerne etwas anderes behaupten, aber das wäre schlichtweg gelogen. Die allermeisten Shelties sind laut – mal mehr, mal weniger. Als Faustregel gilt: die Lautstärke steigt überproportional zu der Anzahl der vorhandenen Shelties 😉 Shelties haben eine sehr niedrige Reizschwelle, alles mögliche kann sie in Wallung versetzen oder auf die Palme bringen – dafür haben viele Shelties ein mitunter anstrengendes Ventil: sie bellen. Nun darf man sich aber nicht vorstellen, dass 24h sinnlos durchgekläfft wird.

Aber sie gehören definitiv zu den Rassen, die gerne ihren Kommentar abgeben, dafür brauchen sie auch nicht immer einen ersichtlichen Grund. Erziehung soll helfen – habe ich gehört. Es ist aber manchmal ein wenig wie gegen Windmühlen arbeiten. Ich bin mir sicher, dass SEHR konsequente Leute es tatsächlich schaffen unnötige Kläfferei auf ein Mindestmaß zu reduzieren, aber komplett abstellen kann man Shelties eher nicht. Dazu sei gesagt, dass ein einzelner Sheltie in dieser Hinsicht einfacher zu managen ist, als eine Gruppe Shelties, die sich immer wieder gegenseitig ansteckt. Die meisten Sheltiehalter resignieren irgendwann oder gewöhnen sich dran und reagieren auch schon mal empört, wenn sich andere Hundebesitzer (zu recht) über die Lautstärke aufregen. Hier gilt wohl die oben erwähnte Betriebsblindheit 😉

„Shelties sind hyperaktiv“
Wie schon weiter oben erwähnt, sind Shelties mit einer eher niedrigen Reizschwelle, einem mehr oder weniger ausgeprägten Kontrollzwang und einer Neigung zur „Ordnung muss sein – Einstellung“ ausgestattet. Sie melden und kommentieren gerne – regeln wollen sie aber eher nichts, das überlassen sie gerne uns. Im Alltag kann dies bedeuten, dass sie schlecht zur Ruhe kommen, da sie nichts verpassen wollen. Lässt man sie gewähren, können sie schnell hysterische Züge entwickeln oder den Eindruck erwecken „hyperaktiv“ zu sein. Man sollte Extreme so gut es geht unterbinden. Aktivität ist nichts Schlechtes, aber wir wollen einen entspannten Hund, und kein Nervenbündel.

Dabei darf man aber nicht außer Acht lassen, dass Shelties naturgemäß „leicht anspringen“ und für einen Besitzer eines gemütlichen Molossers natürlich auch im Normalzustand „hyperaktiv“ wirken. Eben immer eine Sache des Blickwinkels 😉

Fellpflege und die Sache mit den Haaren
Shelties haben Haare. Viele Haare. Dennoch ist die Fellpflege eines Shelties recht unkompliziert. Hat man ein normales Exemplar mit moderater Fellmenge reicht wöchentliches Durchbürsten. Damit der Sheltie nicht aussieht wie Kraut und Rüben werden so ca. alle 4-6 Wochen (geht auch öfter) die Öhrchen und Pfoten etwas in Form geschnitten und die Hocken begradigt. Ich mache das, weil ich es schöner finde – es ist jedoch kein Muss. Besonders hinter den Ohren und in den Achseln neigen viele Shelties zum Verfilzen – wer nicht ständig Filzknoten rausschneiden will, sollte hier öfter mal kämmen. Je nach Hormonstatus und Jahreszeit haaren Hündinnen und auch Rüden regelmäßig auf und ab. Ein guter Staubsauger leistet hier gute Dienste. Wer Probleme mit Hundehaaren hat, kauft sich besser ein Steiftier oder guckt sich bei den Pudeln (und andere nicht haarenden Rassen) um.

Über Reserviertheit, Sensibilität und Ängstlichkeit
Ein großes und sehr wichtiges Thema beim Sheltie, das nicht ganz so einfach abzuhandeln ist. Häufig werden hier Begriffe durcheinander geworfen, daher müssen wir diese vorher einmal klar definieren:

RESERVIERTHEIT: Abstand, Distanz, Kühle, Zurückhaltung. Ein reservierter Hund legt keinen Wert auf infantiles Anbiedern. Er schaut erstmal aus der Ferne und entscheidet selbst ob und wann Kontaktaufnahme gewünscht ist. Zurückhaltung ist noch keine Ängtlichkeit, sondern ganz im Gegenteil eine neutrale Einstellung ohne übertriebene Emotionen.

SENSIBILITÄT: Feinfühligkeit, Verständnis, Vorsicht, Empfindlichkeit. Sensible Hunde haben feine Antennen für ihr Umfeld und Stimmungen – sie können feine Schwingungen aufnehmen und passen ihr Verhalten daran an. Sehr sensible Shelties fühlen sich bei zu harter Ansprache, Streit in der Familie, lauten heftigen Geräuschen und dicker Luft unwohl und beziehen vieles auf sich. Je nach Wesen kann dies soweit führen, dass ein Sheltie „einbricht“ und starkes Meide- und Beschwichtigungsverhalten zeigt. Dies hat nur begrenzt etwas mit Angst zutun (kann in ganz schlimmen Fällen aber dazu umschlagen), sondern mehr mit mangelndem Selbstvertrauen und ist in starken Formen durchaus als Wesensmangel zu sehen, in milder Form dafür durchaus „sheltietypisch“.

ÄNGSTLICHKEIT: Angst, Furcht. Angst ist eine sehr starke Emotion und ein wichtiger Urinstinkt. Sie kann berechtigt oder irrational sein. Shelties mit Wesensproblemen können zu Ängstlichkeit neigen, was sich darin äußert, dass eigentlich völlig normale Situationen sie in Panik versetzen oder ein starkes Meideverhalten auslösen. Richtige Angst lähmt Hunde, blockiert Lernverhalten, aktiviert den Fluchtinstinkt und lässt den Stresspegel steigen.

Wenn man diese Begriffe klar trennt, dann lohnt sich auch eine Diskussion darüber. Häufig hört man z.B. von Nichtsheltiehaltern „Ah, der hat aber Angst!“ wenn diese sich als Fremde über den Hund beugen und dieser zurückweicht und klar signalisiert „kein Kontakt gewünscht“. Wir müssen festhalten: Ein Hund der auf Abstand geht, hat nicht zwangsläufig Angst, sondern evtl. einfach keine Lust sich antatschen zu lassen oder bevorzugt etwas mehr Raum. So kann ein eigentlich rassetypischer Vertreter schnell als „ängstlich“ abgestempelt werden, obwohl er ein ein absolut akzeptables Verhalten gezeigt hat. Für viele Menschen und auch Hundehalter scheint es aber irgendwie „unnormal“ zu sein, wenn Hunde eher auf Distanz gehen. Man kann teilweise das Gefühl bekommen, dass Menschen sich nicht damit abfinden wollen von fremden Hunden „Ablehnung“ zu erhalten, weshalb sie das Verhalten dann mit der von ihnen einzigen logischen Konsequenz interpretieren: der muss wesenschwach/ängstlich sein.

Leider gibt es aber auch andersherum genug Beispiele, in denen Ängstlichkeit – und damit ein für mich deutlicher Wesensmangel – als „sheltietypische Zurückhaltung“ fehlinterpretiert wird. In dieser Form häufig auf Ausstellungen erlebt. Ein Sheltie der panikartig in die Leine knallt, hektisch umherguckt, die Rute zwischen die Beine klemmt und ständig „auf dem Sprung ist“ ist extrem weit entfernt von gelassener Reserviertheit, ein solcher Hund hat schlichtweg Angst und ist mit der Situation überfordert! Leider habe ich schon das ein oder andere mal erlebt, wie ein solch trauriges Verhalten einfach lächelnd abgewunken wird. Sogar Richter tolerieren dies teilweise und bescheinigen mit einem Augenzwinkern „sheltietypisches Wesen“. Um das mal klar zu sagen: Kein Sheltie – und generell kein Hund – sollte ständig oder in „normalen Situationen“ Angst haben. Dies kann weder ein Zuchtziel sein, noch sollte es das Bestreben von Züchtern und Haltern sein Ängstlichkeit „hinzunehmen“. Ein Hund der ständig Angst hat, hat eine extrem eingeschränkte Lebensqualität. Hier muss nun doch wieder die Betriebsblindheit von oben erwähnt werden, die dazu verleitet manche Probleme nicht als solche wahrzunehmen. Angst kann kein tolerierbares Zuchtziel sein!

Nun ist es so, dass Reserviertheit, Sensibilität und Ängstlichkeit in unterschiedlicher Intensität beim Sheltie vertreten sind. So gibt es teilweise kleine Flummies, die JEDEN lieben und dabei fast schon an einen Labbi erinnern und von der eigentlich typischen Reserviertheit nicht viel zeigen. Die Unterschiede innerhalb der Rasse könnten teilweise nicht größer sein. Insgesamt steigt aber das Bedürfnis nach einem „wesensstarken“ Sheltie ungemein und viele Züchter legen großen Wert auf souveräne Zuchttiere. Ich kenne wirklich eine MENGE Shelties, die weder reserviert, noch ängstlich sind und mit allen vier Beinen sicher im Leben stehen.

 

SPORT – Warum manche Shelties solche „Pussies“ sind – Weichei oder Mali im Sheltiepelz?
Der Sheltie ist ein sanfter Hund, einer der seinem Menschen gern alles recht macht – Wesenszüge, die ihn einfach erzieh- und trainierbar machen. Nichtsdestotroz kann genau dies manchmal Grund für eine gewisse Zurückhaltung sein.

Besonders unter manchen Hundesportlern sind Shelties als „Pussies“ verschrieen, was übersetzt so viel bedeutet wie „geben schnell auf; ihnen fehlt der gewisse Biss; gewisse Situationen können sie aus der Bahn werfen“. Shelties genießen daher den Ruf Weicheier zu sein. In der Tat habe ich im Sport schon eine ganze Reihe Shelties gesehen, die nicht rennen, nicht spielen, nicht fressen oder einfach nur auf Sparflamme laufen. Etwas, was man im Sport also auf keinen Fall haben möchte – und auch etwas, was ICH auf keinen Fall möchte. Häufig sind diese Hunde sehr führerweich, sensibel, nicht ganz umweltsicher und insgesamt mit wenig Selbstvertrauen ausgestattet und dadurch „gehemmt“. Wesenszüge, die man beim Sheltie mehr oder weniger ausgeprägt finden kann.

„Ein bisschen Pussy“ ist für mich daher ok, denn es gehört ein wenig zum Sheltie dazu, aber dennoch möchte ich einen triebstarken Hund, der 100 Prozent gibt und dem es egal ist, ob der Sprung nun rosa oder blau angemalt ist – ich möchte keinen Hund der „einbricht“ – sei es als Reaktion auf „Druck“, oder weil die Umgebung/Situation den Hund verunsichert.

Einige Shelties kompensieren Unsicherheiten allerdings sehr gut über ihren „Trieb“ (das böse Wort, ich schätze hierzu muss an anderer Stelle noch ein Artikel folgen 😉 ) und können gut über diesen Punkt gearbeitet werden, womit man ihr Selbstvertrauen meist stärken kann. Im Gegenzug gibt es aber auch einige Shelties, die aufgrund ihres Charakters große Schwierigkeiten haben sich auf einem Trainings- und/oder Turnierplatz wohlzufühlen und das Ganze höchstens ihrem Besitzer zuliebe „durchstehen“.

Aufgrund dessen sollte man sich stets bei der Welpen- und Züchterwahl überzeugen, dass die Elterntiere ein stabiles Wesen und gutes Nervenkostüm haben. Die halbe Miete für einen unkomplizierten und lustigen Sheltie, der für alles zu haben ist.

Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: es gibt selbstverständlich einen Haufen Shelties, die spielen, rennen und fressen und Drive ohne Ende haben. Nicht zuletzt deswegen bin ich ihnen absolut verfallen und gerade deshalb finden sie so großen Anklang im Hundesport.

Um einen wirklich guten Sheltie zu finden, muss man aber manchmal auch etwas Glück und/oder etwas Hintergrundwissen besitzen.

 

„Shelties sind eine gesunde Rasse“
Verglichen mit anderen Rassen kann man tatsächlich festhalten, dass Shelties im Grundsatz relativ gesund sind. Als Tierärztin habe ich tagtäglich hündische Patienten auf dem Behandlungstisch und ich erlaube mir daher aus einer gewissen Erfahrung heraus ein Urteil. Dennoch hat auch der Sheltie – wie jede Rasse – eine Palette an erblich bedingten Defekten und Krankheiten, die selten oder gehäuft auftreten können. Wenige davon können mit einem Gentest getestet werden – einige jedoch bleiben uns noch hinter nicht gänzlich geklärten Vererbungsmustern verborgen und bedürfen etwas Hintergrundwissen und Sachkenntnis, um zumindest im Ansatz als Risikofaktor bei bestimmten Verpaarungen erkannt werden zu können.

Das bedeutet im Klartext: manche Defekte können wir über einfache Tests ausschließen und andere Erkrankungen können trotz einer absolut gewissenhaften Recherche des Züchters plötzlich und unerwartet auftreten – genetic is a bitch!

Nachfolgend ein paar Erkrankungen, die beim Sheltie vorkommen können: HD (Hüftgelenksdysplasie), MDR1-Defekt, CEA (Collie Eye Anomaly), Distichien, PRA, Kolobom, Epilepsie, PDA (Persistierender ductus arteriosus botalli), FKA (Fersenkappenabriss), Ektopischer Ureter (selten), DM (Dermatomyositis), bilious vomiting syndrom, Futtermittelallergien, Gallenblasenmukozele, Lanzencanini

Ein paar abschließende Worte
Shelties sind wunderbare, handliche Gesellen, die im Großen und Ganzen problemlos im Alltag mitlaufen, leicht zu begeistern sind, gerne lernen, sich sehr eng an ihren Menschen binden und sehr fein in der Kommunikation sind. Ihr Gekläffe kann manchmal nervtötend sein, doch mit ihrer charmant, witzigen Art kann man ihnen fast nichts übelnehmen. Sie sind reizempfänglich, aktiv und trotzdem auch mit gelegentlichem „Sparprogramm“ zufrieden zu stellen. Wahre Allrounder mit denen alles „kann“, aber nichts „muss“.

Ich für meinen Teil bin ein großer Fan dieser Rasse. Mein Rat: Besonderes Augenmerk bei der Sheltiesuche sollte auf eine vernünftige Zuchtstätte und wesensfeste, gesunde Shelties gelegt werden.

Ich wünsche viel Spaß mit euren Shelties!


© Tierärztin Jana Westerveld, Februar 2018